Weltgeschichten 1: Blöd gelaufen

Daniel Seefeld

Blöd gelaufen

Nupptu war einer jener seltenen Planeten mit so gemäßigtem Klima, daß komplexe Organismen entstehen konnten, komplex genug für Intelligenz. Doch es gab eine verhängnisvolle Komplikation:

Einmal wurde das Klima rauher, viele der fruchtspendenden Baumarten gingen ein und die nahrhaften Tiere vermehrten sich nicht mehr so stark. Die Menn hatten bis dahin mit den Kaamenn zusammengelebt. Die Kaamenn waren zwar nicht schlauer, aber einfallsreicher, und entwickelten gute Ideen, mit denen auch die Menn viel anfangen konnten.

Die Stammbäume beider Arten ließen sich auf den gleichen Vorfahren zurückführen, aber die Menn waren später entstanden und ihr Erfolg war ihre Flinkheit, sie konnten besser jagen. Die behäbigeren Kaamenn konnten besser zusammenarbeiten und waren friedfertiger, geduldiger und besonnener. Um auf die Jagd gehen zu können brauchten die Kinder der Kaamenn jedoch 2 Jahre länger als die Mennkinder.

Als nun die Nahrung knapp wurde, hätte es nicht mehr so viele Kinder geben dürfen. Aber die Menn sahen nicht ein, daß sie weniger Kinder kriegen sollten. Im Streit um die immer knapper werdende Nahrung, setzten sich auf Dauer die Menn durch, denn deren Nachkommen waren früher im jagd- und kampffähigen Alter. Die Kaamenn mit ihren langsamer wachsenden Kindern starben aus.

Jahrhunderttausende vergingen. Die Menn hatten eine kriegerische Kultur entwickelt, denn keine ihrer Gruppen wollte auf Kinderreichtum verzichten, daher mußten ihre Kinder irgendwann immer auf Leben und Tod miteinander kämpfen, weil nicht für alle genug zu Essen da war. – Die Wirtschaft wuchs, bis die Quellen des Lebens verbraucht und verseucht waren. Ohne die Kaamenn waren die Menn nicht einfallsreich genug, um maßvollere Lebensstile zu entwickeln und untereinander so zu verhandeln, wie es zur Drosselung ihres wirtschaftlichen Wettstreitens notwendig gewesen wäre. Die Kaamenn hätten ihnen dabei helfen müssen, die Gehirne der Kaamenn brauchten zwar länger zum Auswachsen, waren dafür aber komplexer. So besinnungsfähig wie die Kaamenn konnten die Menn nicht werden, ihr Gehirn wuchs dafür zu schnell.

So gingen die Menn zugrunde. – Und sie gingen zugrunde, bevor sie die Gefahr für den Planeten abgewendet hatten:

Der kleine Mond von Nupptu, der nur dreimal im Jahr zu sehen war, war im Laufe der Jahrzehntausende immer größer geworden. Die Astronomen der Menn hatten entdeckt, daß der Mond irgendwann auf ihren Planeten stürzen und Nupptu in eine lebensfeindliche Umlaufbahn kicken würde. Glücklicherweise war der Mond sehr klein. Es konnte ausgerechnet werden, daß die Jahrzehntausende, die bis zur Kollision blieben, ausreichen würden, den Mond mit Raketen nach und nach zu zerstückeln. Die Menn hatten es sogar geschafft, trotz Krieg und Wettstreit jahrhundertelang gemeinsam die Mondsprengung zu betreiben. Aber bis zu ihrem Aussterben hatten sie damit noch nicht genug erreicht.

Ohne den Mond wäre das Aussterben der Menn für Nupptu nicht so schlimm gewesen: auf einem so lebensfreundlichen Planeten hätte die Evolution bald neue intelligente Lebewesen hervorgebracht. Aber so ging einer der wenigen wirtlichen Orte im Universum verloren.

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