„Duddits“ ist für manche vielleicht das Lieblingsbuch unter den Romanen Kings. Deshalb will ich den Roman nicht abwerten, sondern nur nachvollziehbar machen, warum es mein Lieblingsbuch nicht sein kann.
Zu Beginn, die Vorstellung von „Biber“, einem der vier Protagonisten, fand ich am besten. Eine gehaltvolle prägnante Kurzgeschichte über Männer, die ins Hintertreffen geraten sind und sich dort mit fragwürdigen Trostpflastern geschmacklos einrichten, weil sie den Mut verloren haben.
Abgesehen von dieser „Kurzgeschichte“ habe ich in dem Roman kaum besonders Gehaltvolles gefunden, wie z.B. die unübertreffbaren Charakterstudien von Psychopathen in „The Stand, das letzte Gefecht„, die jedes Psychiatrielehrbuch in den Schatten stellen.
Attraktiv ist der Roman vor allem für Leute, die Geschichten mit Telepathie mögen. Telepathie hat hier einen großen Auftritt. Ich persönlich fand das ermüdend, weil ich es nicht einfach finde, eine klare Vorstellung davon zu bekommen, was King da schreibt. Für mich ist das unanschaulich. Wie sich jemand telepathisch verdreifacht muß ich nicht verstehen, und ich will es auch gar nicht verstehen. Aber wie alles Unverständliche macht es das Lesen unangenehm.
Aber wie man sieht, war die Spannung ja groß genug, um weiterzulesen.
Und nicht nur die Spannung. Der Roman weist auch die andern Stärken Kings auf: Charakter- und Interaktionsschilderungen so lebendig geschrieben, daß sie sich wie von selbst lesen und ein lebendiges Bild entstehen lassen.
Allerdings: Grundsätzlich nicht unproblematisch finde ich Geschichten von Menschen mit Intelligenzbeeinträchtigung, die besondere Fähigkeiten haben. Was ist mit denen – und das sind die meisten – die keine besonderen Fähigkeiten haben: Sind die es weniger wert, im Leben von andern Menschen eine wichtige Rolle zu spielen?
Geschichten wie die von Duddits nähren außerdem die Illusion einer ausgleichenden Gerechtigkeit. Aber die gibt es nicht: Häßliche sind manchmal auch dumm, und Leute, die super sexy aussehen, manchmal auch super intelligent. Das ist richtig gemein. Aber das ist so.
An ausgleichender Gerechtigkeit gibt es nur das, was wir Menschen unter uns selber schaffen durch leidenschaftliche Solidarität.
Weiterlesen: Rezension des Romans auf „Phantastik-Couch„