Thorolf Kneisz hat eine ausgearbeitete Inszenierungsvorlage geschaffen mit starken autonomen „Regietheater“-Zügen doch überwiegend „werktreu“. – Sie ist inspiriert von den Lücken und Brüchen des Werkes: Goethe gestand ein, dem Leser „viel zu supplementieren“ übrig gelassen zu haben. Und genau das tut Kneisz: er liest einen eigenen Faden in das Stück, und er kontrapunktiert es mit den großen Rätseln der Furchtbarkeit, die die Geschichte unserer Spezies aufgehäuft hat: Menschenopfer, Hexenjagd, Buchenwald. – Dabei spielt er mit den von Goethe genutzten mythischen Figuren, so wie das mytische Zeitalter es auch tat (es gibt unzähltige Varianten zu jeder mythischen Geschichte).
Kneisz hat eine ganz eigene Bildsprache entwickelt, im wörtlichen Sinn: er illustriert seine Fassung des Dramas reichlich mit „Bühnenbildern“. Allein die Bilder sind mehr als einen Besuch wert…
Man könnte dem Autor den Vorwurf einer gewissen Überfrachtung machen. Aber seinen Mangel an Enthaltsamkeit fand ich stets nachvollziehbar – aber mehr noch: immer interessant und in jedem Fall künstlerisch lehrreich. –
Ich persönlich bin frappiert, wie viel Verwandtschaft ich gefunden habe in der Auffassung des Dramas und in dem was es auslöst, anregt und zu denken gibt…