Archiv des Autors: w. l.

Den Kindern in Gaza

Das Existenzrecht Israels ist mir heilig, zumal als Deutscher!

Doch wenn tausende Zivilisten getötet werden, um ein paar Kämpfer zu treffen, dann kann ich dazu nicht schweigen.

Auch für die Verteidigung ist nicht alles erlaubt. Die gegenwärtige israelische Regierung begeht Kriegsverbrechen und sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen.

Ich war schon als Kind mit Israel identifiziert: Als Israel 1973 am höchsten jüdischen Feiertag überfallen wurde, schrieb ich als Zwölfjähriger an die Wand meines Kinderzimmers: „Israel soll gewinnen!“ – Grundsätzlich stehe ich dazu immer noch: Israel soll gewinnen, ja, aber nicht so!!!

Deshalb stehe ich jetzt hinter den Kindern in Gaza. Zumal als Deutscher!

Zusatz: Der Internationale Strafgerichtshof führt für „Kriegsverbrechen“ unter anderem folgende Kriterien an:

Art. 7 Ziffer 2 b
die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen [6]  – unter anderem das Vorenthalten des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Medikamenten – , die geeignet sind [7] , die Vernichtung eines Teiles der Bevölkerung herbeizuführen;

Art. 8 2 b iv
vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;

Quelle: https://www.un.org/depts/german/internatrecht/roemstat1.html

Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß der Überfall der Hamas auf Israel ebenfalls Kriterien von Kriegsverbrechen erfüllt.

Weiterlesen: Ein Artikel, in der die Bombardierung Gazas 2014 problematisiert wird:

Schildbürger auf Kriegspfad: Das Böse, das Ewig-Männliche, der Islam und Goethe

 Artikel auf Wikipedia über den Jom-Kippur-Krieg 1973

hart aber fair und die AfD

Offene Frage zur Sendung vom 2.9.24

Sehr geehrter Herr Klamroth,

in Ihrer Sendung behauptete Frau von Storch, England hätte trotz des Brexit höheres Wachstum als Deutschland, weil die Ampel die Wirtschaft kaputt gemacht hätte. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte daraufhin, in England würden aber die Lastwagenfahrer fehlen.

Was für ein Sinn hat es, da nicht nachzuhaken und zu fragen: Wie kann England ein höheres Wachstum haben, wenn die Lastwagenfahrer fehlen? Und wenn wir wirklich ein niedrigeres Wirtschaftswachstum haben: liegt das an der Ampel oder könnte es dafür auch andere Gründe geben?

Ich könnte eine ganze Reihe von Behauptungen aufzählen, die in Ihrer Sendung einfach stehen blieben ohne daß Ihre Gäste gegenseitig darauf eingingen. Meine Befürchtung ist: das spielt der AfD in die Hände, weil die Leute sehen: zu den Anschuldigungen, die Frau von Storch vorbringt, wissen die andern nix zu sagen.

Ich als Laie verstehe das nicht: Wieso ließen Sie die Kontrahentinnen so aneinander vorbei reden? Was für einen Sinn hatte Ihre Moderationsstrategie?

Über eine Antwort auf meine Frage würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Lintzen

PS: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist gegründet worden, damit Nazis nie wieder eine Chance haben. Böse Zungen könnten behaupten: wenn eine Nazi-Partei bei einer Wahl die stärkste Kraft wird, dann zeige das ein Rundfunkversagen.

Frustrierend ist das für mich als Beitragszahler schon: Unser Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk ist doppelt so groß wie der vergleichbarer Länder und hat den Erfolg der AfD nicht verhindern können.

Ich schätze, intern wird im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk selbstkritisch diskutiert, was sein Anteil am Wahlerfolg der AfD ist. Als Beitragszahler würde ich aber gerne etwas davon mitkriegen, wie eine solche Diskussion im Rundfunk geführt wird.

Es wäre schön, wenn Sie oder die Redaktion mir dazu auch was schreiben könnten.

Link zur Sendung in der ARD-Mediathek

Link zu Offenen Fragen an Intendantin Frau Carola Wille auf dieser Website

Kafka und die Degeneration der Leitmedien

Kein Zweifel, unsere Leitmedien gehören nach wie vor zum Wichtigsten unserer Demokratie.

Damit es auch so bleibt, ist es sinnvoll, über sie zu meckern.

„Kann Kafka glücklich machen?“ – So einen Titel können wir von einem besseren Boulevartblatt erwarten, nicht von der „Zeit“. – Genauso unsinnig wäre es, zu fragen: „Kann Schönbergs Oratorium ‚Ein Überlebender aus Warschau‘ glücklich machen?“

Der Titel ist in gewissem Sinne „populistisch“: Die Pop-Kultur hat die Vorstellungen von Kultur so beherrschend geprägt, daß alles, was nicht glücklich macht, Minuspunkte bekommt. Alles muß gefällig sein, sonst Daumen runter.

So würde es nicht wundern, wenn es bald ein „Bests Hits of Kafka“ gäbe: Eine Auswahl heiterer und humorvoller Passagen aus seinen Werken.

Wir leben in einer Zeit, in der mir intelligente junge Leute sagen, Beethoven-Sinfonien hören wäre ihnen zu anstrengend. – Wohlgemerkt: seine Sinfonien, nicht erst seine späten Streichquartette!

In so einer Zeit mit so einem Titel das Kafka-Jahr einzuleuten bedeutet: Die Mißverständnisse zu nähren über Bedeutung und Gehalt großer Kunst.

Doch wir sollten den Leitmedien zugestehen: Die Strömungen des Aufmerksamkeitsmarktes machen es verdammt schwer, einen guten Kurs zu halten. Aber deshalb ist es ja wichtig, daß wir, die Leute von der „Zivilgesellschaft“,  meckern, wo es was zu meckern gibt.

Ohne Korrektiv droht Degeneration. Keiner weiß das besser als Kafka.

Kafka zu lesen führt auf eine einzigartige Spur zur Erkenntnis von Problemen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens. Sicher: zum Jubeln ist das nicht. Doch was kann das für ein Glück sein, das sich scheut, die Brille aufzusetzen? Gibt es irgend einen Menschen, der bewußt auf diese Weise glücklich sein will und mit so einem Glück bis in die Abgründe seines Herzens zufrieden ist?

Der Beitrag bezieht sich auf: „Kann Kafka glücklich machen“ von Stefan Willeke im Zeit-Dossier vom 25.1.24

Weiterlesen auf diese Web-Site:
zum Thema Fehleinschätzung von Kunstwerken: Initiative zur Entstaubung klassischer Kunstwerke
zur Kritik am Öffentlicht-Rechtlichen Rundfunk:
…. „Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage“ – Gedanken mit Offenen Fragen an Verantwortliche
…. Zusammenfassung meiner Kritik an ARD und ZDF in einem Offenem Brief

Externe Links:
Zum Wikipedia-Artikel über Schönbergs „Ein Überlebender aus Warschau“
Zum Wikipedia-Artikel über Leitmedien

 

 

 

 

 

 

i remember

Gedanken über die Aufführung von Stücken aus der „Kunst der Fuge“ mit Texten von Joe Brainard, durch die capella vitalis berlin und Elliot Posener

Ich erinnere mich: Die Fugen waren mitreißend gespielt und die sehr sympathischen Texte lebendig und wunderbar ansprechend dargeboten.

Ich erinnere mich aber auch, daß ich mich geärgert habe. Gut, ich war selber schuld: Ich bin hingegangen, weil ich beides wollte: die Fugen hören und die Texte kennenlernen.

Ich habe nicht nachgedacht. Ich will selber bestimmen, in welchem Kontext ich Musik höre! Ich will zwischen den Fugen nicht mit Sprachkunstwerken zugeballert werden! Ich will die Musik nicht zur Filmmusik degradieren, für das, was die Texte in mir an Vorstellungen auslösen.

Im Programm lese ich: „Im Dialog mit den kurzen Erinnerungsbruchstücken aus J. Brainards Buch: „i remember“ erklingen die Fugen wie sie gedacht waren – als emotional packende, vitale und poetische Musik“. – Ohne den Dialog mit diesen Texten klingt die Musik nicht so, wie sie gedacht war? Mußte Bach erst auf Texte warten, bis seine Musik verstanden wurde? Hat die Kunst der Fuge das nötig? Vor allem wenn sie so gespielt wird, wie an diesem Abend?

Und natürlich muß heute alles „emotional packend“ sein. Drunter geht es nicht. – Wer emotional gepackt werden will, sollte Tschaikowsky hören!

Egal wie hinreißend sie gespielt wird: die Kunst der Fuge ist nicht „emotional“, das ist ja gerade das wunderbare an ihr. Es gibt kaum eine Musik, in der die Emotionen reifer sublimiert worden sind, als in der Kunst der Fuge.

Sicher: Heutzutage ist die gängige Methode, klassische Musik interessant zu machen, sie mit irgendwas zu kombinieren. Andere Methoden haben wir schlichweg noch nicht entwickelt. – Aber solche Kombinationen sind keine Kunst. Das kennen wir doch alle aus unsern Basteleien in der Schulzeit: Egal ob Bach oder Beatles: wenn man gute Musik mit Bildern oder Texten kombiniert, egal mit welchen, kommt immer was Frappierendes dabei heraus, immer! – Insofern ist es zwar verständlich, wenn das immer wieder gemacht wird, aber es ist nicht sinnvoll. Es wird der Musik etwas aufgedrängt, es legt sie fest, es läßt sie nicht frei schwingen.

Das ist der falsche Weg, um die klassischen Kunstwerke zu entstauben, der falsche Weg und die falsche Botschaft.

Schon Goethe war genervt durch Leute, die seine Gedichte szenisch vortrugen. Ein Gedicht ist ein Gedicht, ist ein Gedicht – und keine Szene! Die szenische Information zieht Aufmerksamkeit vom Gedicht ab.

Laßt die Kunstwerke für sich selbst sprechen!

Laßt uns zusammensetzen, und gemeinsam neue, einfallsreiche Formen entwickeln, Kunstwerke zu entstauben, das Interesse an ihnen zu wecken, den Zugang zu ihnen zu erleichtern!

Link zur Initiative zur Entstaubung klassischer Kunstwerke