Medien, die von Markt und Macht unabhängig sind, sind notwendig für die Demokratie. – Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk soll diese Aufgabe erfüllen.
Angesichts der Social-Media-Konzerne, die immer mehr Macht über die Köpfe der Menschen bekommen und bei Trump und Brexit nachweislich die demokratische Willensbildung untergraben haben, werden Öffentlich-Rechtliche Medien immer wichtiger.
Doch je genauer wir die Leistung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks unter die Lupe nehmen, desto fraglicher wird seine Leistung: Setzt er sein Budget wirklich gut und einfallsreich genug ein, um die Verbindung von Attraktivität und Qualität zu entwickeln, die von einem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk erwartet werden muß?
So wunderte sich z.B. der Programmdirektor, der 1983 für die legendäre Produktion von „Das Boot“ verantwortlich war, 30 Jahre später, warum nie wieder so ein Film produziert wurde, obwohl die Sender immer mehr Geld bekamen. – Doch statt legendärer Produktionen gibt es jetzt eine Krimiflut. – Vielfalt scheinen die Sender mit Vervielfältigung zu verwechseln.
Der Öffentliche-Rechtliche-Rundfunk müßte weit mehr von dem bringen, wofür er da ist: konfrontierende Interviews, hintergründige Information, und vor allem: Fernsehspiele, die Unterhaltung, Information und Bildung miteinander verbinden – wie z.B. bei der Serie „The Wire“.
Was eine Fehlentwicklung nahelegt ist: Die Aufsicht war unzureichend, weil die Politik zuviel daran herumgepfuscht hat, wir Bürger haben uns 70 Jahre lang um nichts gekümmert, und die Presse allein kann es nicht schaffen, die Versäumnisse aller anderen auszubügeln.
Die bisherigen Rückmeldungen aus der Zivilgesellschaft: Bürgerinitiativen, Zeitungsartikel, Bücher: all das ist von den Rundfunkanstalten leicht ignorierbar, weil es untergeht im medialen Rauschen.
Wir brauchen einen Rundfunkrat der Bürger, eine Stimme, deren Fragen nicht überhört werden können!
Es wird darum gehen, die Diskussion über den Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks zu beleben, Entscheidungsstrukturen zu analysieren, den Umgang mit unserem Geld zu beaufsichtigen, und den Rundfunkleuten den Rücken zu stärken gegen jeden direkten und indirekten Einflußversuch von Politik und Lobbys.
Unsere Kraft sind unsere Fragen: Was wurde versucht um bessere Alternativen zu entwickeln, und wie entschieden, systematisch und ausdauernd wurde es versucht, und was wurde nicht versucht, und aus welchen Gründen wurden Versuche abgebrochen oder gar nicht erst erwogen.
Falls wir wenig bleiben, könnten wir wenigstens für unsere eigene Meinungsbildung mehr erreichen mit gemeinsamer Recherche und Diskussion.
Falls wir viele werden, können wir die Lasten unseres Engagements immer besser verteilen, und auf diese Weise immer mehr Öffentlichkeit bekommen, ohne daß Familie, Beruf, Interessen und Erholung darunter leiden müssen.
So könnte auf Dauer eine Breitenwirksamkeit entstehen, die unseren Bürgerrat an die ersten Adressen im Netz rückt, ähnlich wie Wikipedia. Dann könnten unsere Fragen an die Verantwortlichen nicht mehr ignoriert werden. Keine Antwort wäre dann auch eine.
Es kommt nur auf eines an: Stetigkeit und langer Atem…
Die Leitmaximen von Bürgerräten:
(1)
Moralisiere nicht! Sondern finde mehr darüber heraus, aus welchen Gründen die Verantwortlichen das, was Dich empört, für sinnvoll, berechtigt und in Ordnung halten!
(2)
Sei unsicher! – Suche nicht nach etwas, was Deine vorgefaßten Meinungen bestätigt, sondern nach allem, was sie in Frage stellt. Finde mehr darüber heraus, was an Deinen Vermutungen, Überzeugungen und Wertungen unzutreffend, verkennend und unangemessen ist!
(3)
Tue so wenig, wie du magst! Reduziere Dein Engagement soweit, wie es nötig ist, um nicht die Lust daran zu verlieren. – Das Geheimnis heißt: Stetig, wenig, leicht und klug:
Klug ist: Wenn ich nicht erst von der Wirkung meines Engagements profitiere, sondern bereits vom Engagieren selber: Von der Freude am Gelingen und dem Zuwachs an Erfahrung und Wissen.
„Kluge Konvergenz“ nenne ich das: Selbst wenn die Arbeit eines Bürgerrates politisch zu nichts führen würde, bekämen die Bürger doch mehr Durchblick, verlören Illusionen, Naivität, Vorurteile – und wir hätten viel Spaß zusammen!
Leicht ist: Möglichst das tun, was nicht überfordert und was soviel Interesse weckt, daß man am liebsten immer weiter machen würde. – Wenn viele Menschen zusammenarbeiten, ergänzen sich die verschiedenen Stärken und Interessen und jeder kann tun, was ihm leicht fällt – wenigstens weit überwiegend.
Wenig ist: Wenn ich nur soviel tue, daß es nicht zur Erschöpfung führt oder zu Konflikten mit der Familie, der Gesundheit, dem Beruf oder anderen wichtigen Interessen. – Wenn viele zusammenarbeiten, können alle so wenig machen, wie sie wollen und es wird doch alles getan, was zu tun ist.
Stetig ist: Einen langen Atem haben; Geduld haben; den eingeschlagenen Weg auch dann weiter verfolgen, wenn noch nicht absehbar ist, daß wir unser Wunschziel erreichen, wenn noch nicht absehbar ist, wie die Fragen beantwortet und die Probleme gelöst werden können; den Faden immer wieder aufnehmen, falls er mal reißt und Pausen entstehen. – Die Stetigkeit ist leicht zu leisten, wenn die Grenzen der Leichtigkeit, Wenigkeit und Klugheit gewahrt bleiben.
(4)
Miß den Erfolg einer Handlung daran, wie gut sie dir gelingt – nicht wieviel Wirkung du erlebst.
Links:
„Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage“: trifft Mephistos Spott auch ARD und ZDF? – Zu Vorwürfen einer Degeneration des Rundfunks und zum Sinn eines Bürgermedienrates – mit „Offenen Fragen“ an Verantwortliche
Schildbürger auf Sendung: Anspruch und Wirklichkeit von ARD und ZDF
Nicht zuständig für die eigene Freiheit?
Korrespondenz mit den Justziaren von ARD und ZDF
Arte bildet nicht, Arte füllt ab. – Zur Dokumentationsästhetik des Fernsehens
Erwiderung auf eine Antwort von Intendantin Carola Wille
ZDF-Krimi-Abend: Wie lächerlich will sich das ZDF machen?
Professioneller Dilletantismus: Institutionalisierte Qualitätsmängel am Beispiel der Serie „Das Verschwinden“. (Dazu auch: „Schokolade für den Chef“)
Weitere Besprechungen von Serien und Sendungen auf Filmkritik